14/10/2024
Vielen Dank an die Kollegin Ingrid Schierle
Karl Lauterbach SPD-Fraktion im Bundestag SPD Judith Gerlach, MdL
Sehr geehrter Herr Lauterbach,
Ich hatte vergangenen Mittwoch das Vergnügen, ihr digitales Grußwort zum Deutschen Apothekertag in München live im Saal miterleben zu dürfen und tja, was soll ich sagen, ich habe einige Denkfehler Ihrerseits ausmachen können.
Ich weiß nicht, wann Sie das letzte Mal ein Rezept in einer Apotheke eingelöst haben - falls sie es jemals getan haben, denn sonst würden Sie wissen, dass Apotheken aktuell, anders als Sie behaupten, tatsächlich noch funktionieren! Und ich muss ergänzen, trotz Ihrer Politik noch funktionieren, denn Sie sind gerade aktiv dabei, den bestehenden Apotheken das letzte Wasser abzugraben.
Sie behaupten, es mache keinen Sinn, ein nicht funktionierendes System durch weitere Finanzspritzen weiter am Leben zu halten und übersehen dabei, dass Sie in Ihrer aktuellen Legislaturperiode den Apotheken nicht nur keine Finanzspritze zukommen lassen, sondern ihnen im Gegenteil über den erhöhten Kassenabschlag sogar noch Geld entzogen haben. Trotz aller Bemühungen Ihrerseits funktionieren aber diese kleinen hartnäckigen Biester noch immer, so dass Ihre schönes Narrativ vom nicht funktionierenden Apothekensystem einfach nicht greifen will.
Ihre Argumentationskette steht also auf tönernen Füßen und hält einer objektiven Betrachtung einfach nicht Stand!
Ein weiterer Punkt Ihrer Ansprache war, dass Sie die Digitalisierung „endlich auch“ in die Apotheken bringen wollen.
Auch hier möchte ich Sie bitten, etwas genauer hinzusehen, denn dann würden Sie merken, dass Apotheken mit der digitalste Zweig des Gesundheitssystems sind. Bestellung, Lagerung, Logistik Qualitätsmanagement, Dokumentation…, all das ist digitalisiert oder computergestützt, da nicht primär patientenrelevant. Der letzte und wesentliche „Meter“ am Patienten darf aber nicht entmenschlicht werden, denn hier geht es um mehr als nur um Hintergrundrauschen, hier geht es um Menschen, die im Moment, in dem sie die Apotheke betreten Hilfe benötigen.
Sie vergleichen Ihre Telepharmazie mit Telemedizin, bei welcher der Arzt ans Patientenbett zugeschaltet wird, um der pflegenden Person unterstützend zur Seite zu stehen. Sie haben recht, wenn Sie sagen, so die Qualität zu verbessern, da Sie in diesem Fall ärztliche Expertise zur Verfügung stellen, die ansonsten fehlen würde. Das ist richtig, doch der Vergleich hinkt dahingehend, dass bis dato durch die verpflichtende Anwesenheit eines Apothekers die maximale pharmazeutische Expertise in jeder Apotheke gewährleistet ist. Seien Sie doch ehrlich zu sich selbst, denn dann sehen auch Sie, dass Ihre Pläne diese Expertise wegnehmen und durch eine schlechtere Version, nämlich eine optionale Videoschalte ersetzen.
Sie sagen, die Probleme und insbesondere die Personalprobleme, die die Apotheken haben, lassen sich nicht durch Geld lösen, sondern nur durch eine grundlegende Strukturreform.
Auch hier möchte ich Ihnen widersprechen. Bei angemessener Bezahlung sind viele Arbeitsmodelle möglich, durch die eine zeitgemäße Work-Life-Balance realisierbar ist. Wenn aber die Bezahlung nicht stimmt, wird niemand den Job machen wollen, egal wie viel Freizeit auf der anderen Seite rausspringen mag.
Wir müssen in der Apotheke Rezepturen auf ihre Plausibilität prüfen, bevor wir sie herstellen dürfen, wäre Ihr Gesetzesentwurf eine Rezeptur, würde sie mit Pauken und Trompeten durch den Plausicheck rasseln! Zurück an den Verordner, so nicht machbar!
Ich möchte in diesem Schreiben nicht über Ihre Beweggründe zu den Reformplänen spekulieren, auch wenn mir viele einfallen würden, die mir plausibel erscheinen. Eines steht allerdings fest, die von Ihnen genannten Gründe rechtfertigen diesen destruktiven Rundumschlag im Apothekenwesen in keinster Weise. Wenn Ihnen also eine sichere, schnelle und flächendeckende Arzneimittelversorgung mit pharmazeutischer Expertise tatsächlich wichtig ist, dann kann es nur den Weg einer Honorarerhöhung für Apotheken geben. Dies zu leugnen zeugt entweder von Realitätsverlust, oder aber von bewusster Täuschung der Bevölkerung.
Weder das eine, noch das andere ist eines Ministers würdig.
Ich schicke Ihnen einmal mehr mahnende Grüße aus der Provinz.
Ingrid Schierle, Storchenapotheke in Gerzen