05/09/2025
Wann ist dein Pferd wirklich ausgewachsen
Bei Pferden bedeutet Auswachsen nicht nur das Schulter- bis Hüftmaß, sondern die Gesamtentwicklung von Knochen, Knorpel, Muskeln, Sehnen, Bändern und neuro-muskulärer Koordination. Erst wenn Wachstumsfugen vollständig geschlossen sind und Muskulatur, Bindegewebe und Gelenke harmonisch aufeinander abgestimmt sind, gilt das Pferd als ausgewachsen.
In den ersten Lebensjahren wachsen Knochen weitgehend am Endstück (Metaphyse) und an den Wachstumsfugen (Epiphysenfugen). Diese Fugen schließen sich je nach Knochenabschnitt und Rasse unterschiedlich langsam. Zentrale Fugen im Beinbereich schließen sich meist zwischen dem 4. und 6. Lebensjahr, bei schweren Rassen auch später. Erst wenn diese Fugen durch Ossifikation stabilisiert sind, ist das Knochengerüst endgültig belastbar.
Neben dem Skelett bilden Muskeln, Sehnen und Bänder ein dehnbares, adaptives System. In der Wachstumsphase wachsen sie mit, benötigen aber ausreichende Regeneration. Eine zu frühe oder zu intensive Belastung kann das Gleichgewicht zwischen Knochen- und Weichteilewachstum stören und zu Fehlhaltungen oder chronischen Überlastungen führen.
Knorpelgesundheit und Gelenkflächen passen sich der zunehmenden Belastung an. In der Wachstumsphase sind Gelenke besonders empfindlich gegenüber Überlastung. Langsame, koordinierte Bewegungen unterstützen eine stabile Entwicklung der Gelenke und Knorpel.
Eine gute Balance, Gangbild und Bewegungskoordination entwickeln sich mit Übung und Anpassung. Eine frühzeitige Hochbelastung kann falsche Muster einprägen, die später schwer zu korrigieren sind.
Die Kombination aus abgeschlossener Wachstumsfugen, ausgereifter Muskulatur, stabilen Bändern und einer gut koordinierten Biomechanik ergibt die volle Tragfähigkeit des Bewegungsapparats. Rasse, Größe, Genetik und Gesundheitszustand beeinflussen diese Timeline stark.
Typische Anzeichen, dass das Pferd näher an die Richtschnur der Ausgewachsenheit rückt:
o Wachstumsfugen schließen sich (Röntgenbefund) oder zumindest zeigen sich deutliche Ossifikationsfortschritte.
o Muskelaufbau hält mit dem wachsenden Skelett Schritt; Gelenke zeigen stabile Bewegungsmuster.
o Ruhe- und Erholungszeiten entsprechen dem Trainingsniveau; keine anhaltenden Überlastungssymptome.
o Bewegungen erscheinen symmetrisch, ohne übermäßige Schonhaltungen.
Praktische Hinweise:
o Belastung langsam steigern: Leichte Grundausbildung, Koordination, Gleichgewicht und sanfte Bewegungsformen bevorzugen.
o Regeneration einplanen: Ausreichende Ruhephasen, Schlaf, Fütterung und regelmäßige tierärztliche Checks.
o Individuelle Entwicklung beachten: Rasse, Größe, Gesundheitszustand und Entwicklungsverlauf bestimmen das Tempo.
o Wachstumsfugen prüfen: Bei größeren Rassen oder Auffälligkeiten ist eine tierärztliche bzw. tierärztlich-therapeutische Beurteilung sinnvoll.
Ein Pferd gilt dann als ausgewachsen, wenn das Skelett stabil ist und die Weichteile harmonisch angepasst sind, was in der Praxis oft im Verlauf des 4. bis 6. Lebensjahres beginnt, bei schweren Rassen auch darüber hinaus dauern kann. Bis dahin gilt: behutsame Belastung, gute Koordination, ausreichende Regeneration und regelmäßige fachliche Checks.