06/08/2023
Fünf Tipps für ein gesundes Miteinander am Tisch
Vor Kurzem hatte ich die Möglichkeit, in der Kindertagesstätte, in der ich wöchentlich Bewegungseinheiten gebe, beim Mittagessen der Kinder dabei sein zu dürfen. Es war für mich eine unglaublich spannende Erfahrung zu sehen, wie dort die Esskultur und das Miteinander gelebt werden. Ich muss dazu sagen, dass es sich bei der Kindertagesstätte um einen Montessori-Kindergarten handelt, bei dem die Kinder so gut wie möglich in ihrer Selbstständigkeit gestärkt werden. Das Motto der Begründerin und italienischen Ärztin Maria Montessori war stets „Hilf mir, es selbst zu tun.“
Diese fünf Dinge sind mir beim Mittagessen besonders positiv aufgefallen:
1. Die Einstellung zum Essen: Essen ist mehr als reine Kalorien und Nahrungsaufnahme: Es ist mit Freude und Miteinander verbunden, es bietet die Möglichkeit, Kinder in einfache Haushaltsaufgaben wie Tischdecken und Tischabwischen mit einzubeziehen und es spendet Energie und Kraft für den weiteren Tag.
2. Die Kita-Leitung bzw. die Erziehungsberechtigten bestimmen, was auf den Tisch kommt – die Kinder dürfen jedoch selbstständig und unkommentiert bestimmen, was und wie viel sie von der jeweiligen Komponente essen möchten.
3. Die Kinder wissen am besten, wie viel Hunger sie haben und wann sie satt sind. Sie dürfen sich daher eigenständig das Essen nehmen und sich nachholen, wenn sie noch hungrig sind. Es war erstaunlich zu sehen, wie eigenständig die Kinder beim Essen waren, und dass – dadurch, dass jeweils nur kleine Portionen von ein bis zwei kleinen Löffeln genommen wurden – fast alle Teller komplett aufgegessen wurden. Und es gab Linsensuppe und Rohkost als Mittagessen!
4. Das Essen ist mit einer angenehmen und ruhigen Atmosphäre verbunden! Obwohl es in der Kindertagesstätte öfters etwas lauter und chaotischer zugeht, war es beim Mittagessen durchgehend still und leise. Die Kinder sitzen an kindgerechten Stühlen und Tischen in kleineren Gruppen von jeweils 2-5 Kindern zusammen. Sie haben hier die Möglichkeit, sich auszutauschen und miteinander zu sprechen. Der Essenstisch sollte stets zu einem Ort der Entspannung und des Wohlfühlens werden.
5. Das führt mich auf zu meinem letzten Punkt und das ist ein Tipp für zuhause: Auch wenn man zuhause eventuell einen wählerischen Esser dabeihat, sollte der Essenstisch nie zu einem Ort von Machtkämpfen und Zwängen werden. Das Kind sollte selbstbestimmt entscheiden, was und wie viel es isst, ohne dabei zum Aufessen gezwungen zu werden. Es ist normal, dass man am ein oder anderen Tag eventuell keine Lust auf Brokkoli oder Paprika hat – Kinder brauchen in der Regel acht bis zehn Mal, bis ihnen ein Nahrungsmittel wirklich schmeckt; das gilt übrigens besonders für bitterschmeckendes Gemüse! Stattdessen hilft es, wenn man versucht, entspannt zu bleiben, und dem Kind immer wieder bestimmte Nahrungsmittel anbietet. Es kann auch helfen, die Kinder in die Zubereitung und das Kochen mit einzubeziehen und das Essen zusammen mit den Kindern mit allen Sinnen zu entdecken!
Es kann gut sein, dass das Kind den Brokkoli fünfmal ablehnt und beim sechsten Mal einen ganzen Teller davon verzehrt. Da die Kinder in der Regel noch ein gutes, nicht-verlerntes Körper- und Sättigungsgefühl haben und ihr Körper weiß, welche Nährstoffe er am ehesten braucht, werden sie langfristig wahrscheinlich nicht bei trockenen Spaghetti, Kartoffeln oder Reis verbleiben.
(Foto von Annie Spratt auf Unsplash)