12/04/2019
Nur noch wenige Tage--Nicht verpassen: Tolle Fotoausstellung "Blickwechsel" von Gabi Anna Müller bis 22.4. im Alten Rathaus von Worpwede
Fotos: Copyright: Peter Bischoff
Unter dem Titel "Blickwechsel" zeigt die Worpsweder Fotografin Gabi Anna Müller (67) beeindruckende Fotos aus fernen Kulturen und fremden Welten abseits der touristischen Pfade in Indien und Ägypten . Sie hat sich von der Kamera an unbekannte Orte in Kairo, Mumbai und Varanasi locken und in ungeahnte Nebenstraßen führen lassen. Ihre Motivation war und ist ihre Neugier auf die Welt sowie ihre Sympathie für Menschen, die nicht auf der "Sonnenseite des Lebens" stehen um mit Ihnen zu einem "Blickwechsel" zu kommen.
Mit der Kamera fing sie das Alltagsleben und deren Lebensräume ein, unverklärt und menschlich zugleich. Ihre Bilder sind fotografische Streifzüge, sie erzählen von religiöser Vielfalt, spirituellem Reichtum und farbiger Schönheit. In den Straßen der Städte oder auf dem Land begegnen der Fotografin Menschen, die auf der Suche sind nach dem Woher und Wohin des Lebens, geprägt von Götterglaube, tiefer Armut und Hoffnung.
Gabi Anna Müller lädt mit ihren Fotografien zum Blickwechsel ein – auch für Momente, den eigenen Standort zu verlassen, den Blick zu schärfen für Fremdes und Unbekanntes und ausserdem unsere Wohlstandsgesellschaft mit kritschen Augen zu sehen.
Das schrieb Lars Fischer dazu in der Wümme-Zeitung:
Diejenigen, die nicht auf der Sonnenseite des Lebens stehen, interessieren die seit 2001 in Worpswede lebende Fotografin Gabi Anna Müller. Sie zeigt im Alten Rathaus eindrucksvollr Bilder aus Indien und Ägypten. Mit Distanz kann man den Bildern Gabi Anna Müllers nicht gegenübertreten. Die Fotografin selber nimmt zu ihren Motiven größtmögliche Nähe auf, sie will berühren und nicht abschrecken, nicht das Elend als Elend allein zeigen, sondern auch Hoffnungen in Lebenssituationen, die für westliche Verhältnisse unvorstellbar sind. Ihre Ausstellung „Blickwechsel“ in der Galerie Altes Rathaus führt nach Indien und Ägypten, in Slums und an heilige Orte zu Totenverbrennungen am heiligen Ganges.
Sie will keine Voyeurin sein, sondern denjenigen, die sonst niemand angucken würde, ein Gesicht geben.
Auf ihren Reisen nach Varanasi und Mumbai, das einst Bombay hieß, bewegte sie sich abseits touristischer Pfade." Probleme habe ich dabei nie bekommen ", berichtete die 67-Jährige: „der offene Blick, mit dem ich unterwegs bin, kam immer zurück.“ Das Ergebnis sind Nahaufnahmen und Straßenszenen, in denen nichts geschönt ist und die eine klare Bildsprache haben.
Gespräche gab es vor den Aufnahmen keine, weil es keine gemeinsame Sprache gibt. Einen Dolmetscher nimmt Müller nicht mit, sie kommuniziert mit Blicken und fragt so um Einwilligung für eine Aufnahme. Ein „Nein“ habe sie noch nie zu „hören“ bekommen .
Gabi Anna Müllers Bilder zeigen das Leben, wie es in den Müllbergen und auf den Straßen Indiens ist, und auch das Sterben. „Die Beschäftigung mit dem Tod ist mein Lebensthema“, sagt Müller. Klingt paradox, ist es aber nicht: Über 15 Jahre hat sie im Hospizdienst gearbeitet und Sterbebegleiter ausgebildet, zuvor war sie Diakonin. Inzwischen ist sie aus der Kirche ausgetreten. Eine Institution, die sich so wenig mit dem Leid der Menschen in der Welt solidarisiere, war nicht mehr ihre. Ihr Herz schlage für die Schwachen, sagt sie. „Wir sind eine Zeit lang gemeinsam auf dieser Erde unterwegs, da habe ich mich zu engagieren!“ Aber ihr Interesse an Spiritualität ist geblieben. Das zeigen nicht nur die Bilder von den rituellen Leichenverbrennungen der Hindus am Ganges. Fotografiert hat Müller schon, so lange sie sich erinnern kann. Nach dem Ende ihres Berufslebens hat sie das Medium zu ihrem zentralen Lebensinhalt gemacht, verbunden mit zahlreichen Reisen, von denen sie auch bloggt.
Viele Teile der Welt hat sie so gesehen, aber keines hat sie so intensiv beschäftigt wie Indien. Die Aufnahmen von dort sind alle erst im Januar 2019 entstanden. Sie zeigen die Armut und auch das Leid, Weggucken ist für sie keine Option. „Die Welt ist in einer Schieflage“, sagt sie. Sie will Menschen, die nichts haben, auf ihren Bildern in die Wohlstandsgesellschaft holen. Landschaften allein wecken ihr fotografisches Interesse nicht.
Vor allem hat sich die Worpswederin mit den Recycling-Konzepten in Ägypten und Indien beschäftigt. Sie zeigt immer wieder Menschen im Müll, die diesen – oft unter hohen gesundheitlichen Risiken – sammeln, sortieren und verkaufen. Die Bedingungen von Leben und Arbeiten sind unvorstellbar, aber sie geben den Zabbalins, wie die wilden Entsorger im Ägyptischen heißen, ein Auskommen und sichern das Überleben. Eines der Bilder zeigt sie bei einer Pause, auf Stühlen und an Tischen vor riesigen Müllsäcken, fast wie auf der berühmten Darstellung des Abendmahls von Leonardo da Vinci aufgereiht. Alltag und Kunst liegen auch im Kairo manchmal dicht beieinander, nicht nur in Worpswede.
Weitere Informationen zur Künstlerin gibt es online unter www.gabianna-mueller.de.