28/03/2024
Rubrik: Schröpfen in der Osteopathie
Schröpfen ist ein traditionelles Therapieverfahren in der Traditionellen Chinesischen Medizin. Was haben die Osteopathen damit zu tun?
Schon im letzten Jahrhundert beschrieb Still (1899, p.163), der Gründer der Osteopathie, die Faszie als eine „umhüllende, teilende und alles durchdringende Struktur“. „Wenn wir über die in den Faszien lokalisierten Lebenskräfte nachdenken, müssen wir uns vergegenwärtigen, dass sie den ganzen Körper durchziehen“ (Still, 2005, p. III-38). Er war fest überzeugt, dass die Mehrung vom Wissen über die Faszien, mehr als bei irgendeiner anderen Struktur des Körpers, die Türen für mehr Erkenntnis über den Körper öffnet.
Stills Begeisterung und die neuen Forschungsmöglichkeiten inspirieren die theoretische und therapeutische Medizin zu neuen und unterschiedlichen Denkmodellen in der Diagnostik und Therapie. Nach Popper (2002) sind die wissenschaftlichen Aussagen modellhaft, also vorläufig.
In der Wissenschaft werden verschiedene Ideen, Hypothesen und Theoreme experimentell geprüft. Auch die Medizin arbeitet mit Modellen und versucht die Beobachtungen durch theoretische oder experimentelle Methoden zu erklären. Das Fasziendistorsionsmodell (FDM) ist ein anatomisches Modell und ist methodenneutral. Es beschäftigt sich mit Faszien und ihren spezifischen Störungen in ihrer Gewebekontinuität. Es betrachtet sechs Distorsionen, welche dank der genauen Lokalisation und der Art der Schmerzen mittels Körpersprache der PatientInnen erkannt und entsprechend behandelt werden (Typaldos,.1999),
Die Allgegenwärtigkeit und die Kontinuität des Bindegewebes werden als die Basis für die Erklärung des Fasziendistorsionsmodells (FDM) vorausgesetzt. Die Faszien können als ein mechanisches Sinnesorgan funktionieren und Schmerzen verursachen. Jede Distorsion hat spezifische Zeichen, welche durch bestimmtes verbales Aussagen, Mimik und Gestik geäußert und mit spezifischen Griffen korrigiert werden.
Während akute Verletzungen oft mit einer Technik behandelbar sind, können chronische Dysfunktionen gleichzeitig alle sechs Distorsionen enthalten. Mehrere Dysfunktionen werden in einer bestimmten Reihenfolge einzeln innerhalb von mehreren Sitzungen korrigiert. Der Therapieerfolg besteht in der Fähigkeit, all diese zu interpretieren, um passende Tests und Grifftechniken bei der Diagnostik und Therapie anzuwenden (Typaldos, 1999).
Das FDM wurde 1991 vom dem amerikanischen Osteopathen Dr. Stephen Typaldos D.O. entwickelt. Nach den ersten Erfahrungen hielt Typaldos Vorträge an der American Academy of Osteopathy sowie schrieb erste Publikationen im American Journal of Osteopathy, danach1996 sein erstes Buch, 1997 hat er die Behandlungsmethode an der Wiener Schule für Osteopathie, 1998 in Japan vorgestellt.
Die Beschwerden einer der sechs Distorsionen, der Zylinderdistorsion, werden als Parästhesien, Spannungs- oder Taubheitsgefühl, muskuläre Schwächen beschrieben. Der Ort der Schmerzen kann nicht genau festgestellt werden, irgendwo in der Tiefe und besonders stark in der Nacht. Die Schmerzen entstehen oft plötzlich, es gibt keinen speziellen Auslöser. Das betroffene Körperareal immer wieder mit der Hand geknetet oder mit der ganzen Handfläche großflächig über den Bereich gestrichen. Bei den Bewegungstests zeigen sich oft schmerzhafte Bewegungseinschränkungen. Auch Kraftverlust ist ebenso möglich. In der Palpation wird das untersuchte Areal als nicht schmerzhaft empfunden.
Das Ziel der Behandlung ist es, die Verhakungen der Spiralwindungen zu lösen und die anatomische Form wiederherzustellen. Durch die drei manuellen Grundtechniken wie Doppeldaumen-, Abzieh- und Brennnesseltechnik sowie bestimmte Hilfsmittel wie Schröpfköpfe, Klammern oder Nadelreizmatten wird das Gewebe in Traktion gebracht und durch Durchbewegen des Areals die verhakten Windungen befreit, was oft zu spektakulären Verbesserungen führt (Schuh, 2014; Fink, Schiller, & Buhck, 2012; Stein, 2008).
Ksenija Schulz, MSc D.O.
Osteopathic Medical Center of Fuerteventura
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