14/07/2025
„Hier habe ich mein Leben zurückbekommen.“
Der frühere ugandische Minister Lawrence Kiiza erlitt vor einigen Jahren einen schweren Schlaganfall – mit gravierenden Folgen. In seinem Heimatland war keine gezielte Reha möglich. Über Umwege fand er den Weg nach Südtirol – und in die Bozner Melitta-Klinik.
Was er hier erlebt hat, bewegt. In einem ausführlichen Interview erzählt der 68-Jährige:
➡️ wie er den Weg von Uganda nach Bozen fand,
➡️ warum er die Strukturen in Südtirol bewundert,
➡️ welche Fortschritte er gemacht hat – und
➡️ was sein Heimatland von Reha-Einrichtungen wie dieser lernen könnte.
Ein berührender Einblick in ein neues Kapitel voller Hoffnung und Dankbarkeit.
🗞 Den ganzen Artikel aus der „Dolomiten“ vom 11. Juli gibt's hier:
Hier habe ich mein Leben zurückbekommen
Prominenter Patient: Ex-Politiker aus Uganda nach Schlaganfall für Reha in der Bozner Melitta-Klinik – „Mein Land wäre glücklich über eine solche Struktur“
BOZEN (jh). Lawrence Kiiza war lange Jahre einflussreicher Politiker, u. a. Finanzminister und Minister für Handel und Tourismus, in Uganda. Nach einem Schlaganfall war der 68-Jährige halbseitig gelähmt, eine gezielte Reha konnte er in seinem Heimatland jedoch nicht absolvieren. Vor allem, um wieder sicher und selbstständig gehen zu können, hat er sich an einen Berliner Experten gewandt. Doch der schickte ihn nach Südtirol. An der Bozner Melitta-Klinik „habe ich mein Leben zurückbekommen“, ist der prominente Patient aus Afrika dankbar.
„Dolomiten“: Sie kommen zur Schlaganfall-Reha von Uganda ausgerechnet nach Südtirol – wieso?
Lawrence Kiiza: Mein Schlaganfall liegt schon fast 5 Jahre zurück. Aber die Lähmungserscheinungen auf der linken Körperseite sind nie ganz weggegangen. Das hat mich vor allem beim Gehen sehr eingeschränkt. Um möglichst bald wieder auf eigenen Beinen stehen zu können, habe ich mich an einen Spezialisten in Berlin gewandt, der dann die Melitta-Klinik in Bozen empfohlen hat. Dort habe ich dann auch sehr gute Erfahrungen gemacht.
„D“: Und dann sind Sie von Berlin aus nach Südtirol gereist?
Ja. Ich kannte Südtirol zuvor nicht. Auch Uganda. Von den Alpen hatte ich schon gehört, aber Südtirol sagte mir nichts. Ich dachte, ein Aufenthalt hier irgendwo in den Bergen war eher eine Zeit- und Geldverschwendung – so schön es auch ist. Aber ich habe es getan. Und ich bin sehr froh. Ich bin hier gut aufgenommen worden, die Menschen sind freundlich, und in der Klinik hat man sich wirklich um mich bemüht. Meine Frau und Kinder waren übrigens auch hier. In Kanada hat es beispielsweise niemanden interessiert, dass ich auf Reha bin, und in Uganda wäre ich nie in die Sache gekommen. Ich war unsicher, ich kannte niemanden, und ich kann das machen. Und jetzt bin ich in Bozen.
„D“: Wie gefällt es Ihnen in Südtirol?
Ich komme nach Südtirol wegen einer Herausforderung, vor allem meinem Handicap. Aber mittlerweile begegne ich den Menschen hier mit anderen Augen. Ich bin sehr beeindruckt. Vor allem gefällt mir die Organisation und die Struktur, mit der hier gearbeitet wird. Auch die vielen Vorgaben und Regeln sind für mich nicht negativ. Ich finde sie notwendig und sinnvoll.
„D“: Machen Sie Fortschritte?
Ja, jeden Tag. Die Reha ist sehr individuell und zeitintensiv. Ich werde gezielt betreut. Ich mache Fortschritte. Ich kann wieder mit Krücken gehen und habe wieder mehr Kontrolle über meinen linken Arm. Es ist nicht perfekt, aber viel besser als vorher. Und ich bin jetzt auch mental wieder in einem guten Zustand. Das war vorher nicht so.
„D“: Wie erleben Sie die Strukturen hier im Vergleich zu Uganda?
In Uganda haben wir viel mehr informelle Strukturen als hier. Aber eine solche Reha-Einrichtung in einem öffentlichen oder privaten Krankenhaus gibt es nicht. Und ich finde das erschreckend. Ich frage mich, warum sich das in vielen Ländern Afrikas noch nicht durchgesetzt hat. Es fehlt schlichtweg an Struktur, Personal, Geld und Verständnis. Die Menschen in Uganda wären über eine solche Infrastruktur sehr froh.
„D“: Hierzulande klagt man viel über Bürokratie, Auflagen und Standards für jede Kleinigkeit.
In Uganda haben wir da sicherlich einen anderen Zugang. Es gibt hier tatsächlich eine Menge an Vorschriften und Standards. Aber das ist auch ein Zeichen dafür, wie eine Gesellschaft tickt. Die Einhaltung bestimmter Standards sorgt für Lebensqualität. Von daher würde ich sagen, es ist nicht zu kompliziert hier.
„D“: So wie Sie wenig über Südtirol wussten, weiß man hierzulande wenig über Uganda. Wie würden Sie Ihr Land beschreiben?
Vieles ist gar nicht so unterschiedlich. Wir haben eine freie Marktwirtschaft, Demokratie und ein gutes Bildungssystem. Und wirtschaftlich wachsen wir, vor allem im Bereich der Landwirtschaft und den klassischen Produkten. Besonders bekannt sind wir für Kaffee. Allein der Kaffeeexport macht über 22 Prozent des Gesamtexports aus. Uganda ist übrigens einer der wenigen Länder, in dem noch Robusta-Kaffee wächst – ein bedeutender Teil für viele Kaffeeblends.
„D“: Im Gegenteil heißt, Menschen fehlen Perspektiven, und sie machen sich auf die große Aufnahme-Afrique auf?
Ja. Viele Afrikaner wollen auswandern. Das hat viele Gründe. Einer ist sicher die ungleiche Entwicklung zwischen Stadt und Land. Ein anderer: Viele junge Menschen glauben nicht daran, dass sich in ihrem Land etwas verbessern lässt. Das ist bedauerlich, denn es gibt Perspektiven – wenn man sie erkennt und fördert.
HINTERGRUND: Ex-Minister und Unternehmer
Lawrence Kateekeya Kiiza, geboren am 10. März 1957, ist ein ugandischer Politiker, Unternehmer und ehemaliger Minister. Er hat in verschiedenen Ministerien gedient, darunter dem Ministerium für Handel, Industrie und Tourismus. Im Jahr 1996 wurde er als Minister für Industrie und Technologie, später für Wirtschaft und Tourismus, in die Regierung berufen. Zudem war er im Vorstand des Roten Kreuzes Uganda. Er ist auch aktiv in der wirtschaftlichen Entwicklung Ugandas, insbesondere im Agrar- und Rohstoffbereich. Kiiza hat einen Bachelorabschluss in Wirtschaftswissenschaften von der Makerere-Universität und einen Masterabschluss von der Universität Manchester.
Veröffentlicht in der Tageszeitung Dolomiten am 14. Juli 2025