
19/08/2022
3. Kapitel: Das Sondergericht Aachen 1941-1945 I. Das Landgericht Aachen in der Zeit des Nationalsozialismus 1. Von der Machtergreifung bis zum Ende des Dritten Reiches Die Zeit von 1933 bis 1945 stellt sich auch in der Geschichte des Landge-richtsbezirkes Aachen als eine „dunkle Phase ungeheuren Verfalls“ dar.Grundsätze des Rechts, der Gerechtigkeit, eines Rechtsstaats und des fairen Um-gangs miteinander wurden mit Füßen getreten. Die Achtung vor der Würde eines Mitmenschen, vor seinem Leben, vor seiner Freiheit im Handeln wie im Denken, vor seiner Familie und seiner Gleichheit wurde schwach und verschwand schließ-lich ganz.1Zum Zeitpunkt der Machtergreifung am 30. Januar 1933 war Wilhelm Oppen-hoff, geb. am 4. August 1868 in Aachen, Landgerichtspräsident. Er, der kein N**i war, blieb bis zu seiner Pensionierung am 1. Oktober 1933 im Amt.2 Sein Nachfolger wurde der am 9. April 1894 in Schleiden geborene Aachener Amtsgerichtsrat Karl Hermanns. Hermanns war seit dem 1. Februar 1932 Mitglied der NSDAP und deshalb am 6. April 1933 kommissarisch zum Aachener Polizeipräsidenten bestellt worden. Der Einfluss der Nationalsozialisten auf den Landgerichtsbezirk schien damit gesichert.3Im Laufe des Jahres 1943 wechselten Teile der Führungsspitze der Gerichte; die Gründe dafür lagen ausschließlich in einem Radikalisierungsschub inner-halb des Justizministeriums, verantwortet durch den neuen Reichsjustizminis-ter Thierack.4 Der Kölner Oberlandesgerichtspräsident Alexander Bergmann wurde von Erich Lawall abgelöst. Bergmann galt als „nationaler Mann“, je-doch mitnichten als „N**i“. Andererseits war er – wie viele Menschen – nicht zum Widerstandskämpfer geboren.5 In Aachen folgte dem Landgerichtspräsi-